SONDERAUSSTELLUNG: „Machtworte - Luthers bildhafte Sprache“
dienstags und donnerstags bis sonntags
von 14 bis 16 Uhr.
Gemeindeabend am Montag, 10.April, 19.30 Uhr,
mit Dr. Bettina Bock, Uni Jena
Wittenberger Sonntag vom 03.04.2017
Seine Wortschöpfungen prägen die deutsche Sprache bis heute
Sonderausstellung in der Kurstadt: Luthers Wortgewalt
Bad Schmiedeberg (wg). Unter dem Titel „Machtworte – Luthers bildhafte Sprache“ zeigt die Evangelische Stadtkirche in der Kurstadt eine neue Ausstellung auf insgesamt 18 Tafeln, die sich mit Luthers Sprachbildern befassen, die überwiegend während der Bibelübersetzung entstanden sind. „Es ist heute kaum mehr nachzuvollziehen, dass Luther dieses riesige, rund 220 Seiten umfassende Neue Testament in nur elf Wochen in solcher Perfektion übersetzte“, erklärt Pfarrer Christoph Krause, der froh ist, diese Ausstellung im Jahr des Reformationsjubiläums zeigen zu können.
Nach dem Reichstag zu Worms im April 1521, wo Luther vor dem Kaiser sein mutiges Glaubensbekenntnis ablegte, schien sein Leben nicht mehr sicher. Sein Landesherr, Kurfürst Friedrich der Weise, ließ den eingeweihten Luther in der Nacht vom 4. auf dem 5. Mai 1521 im Thüringer Wald ergreifen und auf die Wartburg bringen. Der damals 38-jährige Zwangsgast erhielt den Decknamen „Junker Jörg“.
Es kursierten bereits mehrere deutsche Übersetzungen der Bibel, die in ihrer für den Laien unverständlichen, weil gestelzten Sprache allesamt auf der „Vulgata“, einer 1.000 Jahre alten und oft ungenauen lateinischen Bibelübersetzung aus der griechischen Urfassung beruhten. „Eben diesen Originaltext legte Luther seiner Übersetzung zugrunde“, berichtet Krause, dies habe es ihm ermöglicht, sich mit aller Sprachgewalt auszudrücken.
Luther ersann Ausdrücke wie Feuertaufe, Bluthund, Machtwort, Schandfleck, Lückenbüßer und Lästermaul, außerdem Redewendungen wie „Zeichen der Zeit“, „In den sauren Apfel beißen“, „Wolf im Schafspelz“ und „Perlen vor die Säue werfen“. Redewendungen, die im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch fest verankert sind, über deren Ursprung sich jedoch kaum jemand Gedanken macht.
Bei der Übersetzung litt Luther laut eigenem Bekunden unter Visionen: „Tausend Teufeln bin ich ausgesetzt“, schrieb er. Dass er den Teufel durch einen Wurf des Tintenfasses verjagt habe, ist eine Legende, die auf den Spruch „Ich habe den Teufel mit Tinte bekämpft“ zurückgehen dürfte.
Luther selbst hat sein Übersetzungs-Anliegen so formuliert: „Man muss die Mutter im Hause, die Kinder auf den Gassen, den gemeinem Mann auf dem Markt drum fragen und denselbigen auf das Maul sehen, wie sie reden und danach dolmetschen; so verstehen sie es denn und merken, dass man deutsch mit ihnen redet.“ Als Luther nach zehn Monaten Anfang März 1522 die Wartburg verließ, führte er das Manuskript bei sich. Am 21. September erschien die Übersetzung in der für die damalige Zeit sehr hohen Auflage von 3.000 Exemplaren. Diese „Septemberbibel“ war in kürzester Zeit ausverkauft, so dass drei Monate später die nächste Auflage folgte.
Luther übte einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Hochsprache und auf heute noch gebräuchliche Redewendungen aus. Studenten der Indogermanistik der Friedrich-Schiller-Universität Jena haben für das Luther-Dekadenjahr „Bild und Bibel“ 2015 Beispiele für Luthers Wortgewalt und seiner sprachlichen Bilder zu dieser Ausstellung zusammengetragen.
Dabei informieren die Studenten auch über Luthers Herkunft, die Hintergründe seiner Sprache und erläutern sowohl universale als auch spezielle Redewendungen, die unter seinem Einfluss Verbreitung fanden. So nutzte Luther bei seinen Schriften nicht nur die zu seiner Zeit gebräuchlichen geflügelten Worte, sondern ließ auch eigene Nuancen in die Texte einfließen.
Offizielle Reichssprache war Oberdeutsch, das die Verwaltung Kaiser Maximilians für ihre Amts- und Rechtsgeschäfte gebrauchte, während die mitteldeutschen Fürsten die Kursächsische Kanzleisprache verwendeten und die Bevölkerung verschiedene Dialekte sprach. Luthers Eltern, die aus Eisenach und Möhra stammten, sprachen Ostmitteldeutsch, während in Mansfeld, wo die Familie später lebte, viele niederdeutsche Wendungen benutzt wurden. In Wittenberg lernte Luther Obersächsisch kennen und an der Universität brachte ein jeder sein eigenes Dialekt mit, so dass Luther klagte: „Deutschland hat mancherley Dialectos, Art zu reden, also, dass die Leute in 30 Meilen Weges einander nicht wol können verstehen.“
Hinweis:
Die Ausstellung, zu der ein Begleitheft erschienen ist, kann dienstags und donnerstags bis sonntags von 14 bis 16 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt ist frei, um eine Spende zur Deckung der Kosten wird gebeten. Die Tafeln sind bis zum 23. April zu sehen.
Dr. Bettina Bock, Dozentin an der Uni Jena und Projektleiterin des Ausstellungsteams, hält am Montag, dem 10. April um 19.30 Uhr im Gemeindehaus einen Vortrag mit dem Titel „Machtworte - Wortgewalt und Bilderwelten.